Offener freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb mit Ideenteil (2019) , 2. Rundgang
mit Dipl.Ing. Olaf Staack, freier Garten und Landschaftsarchitekt
Leistung: Entwurfliche Mitarbeit, Grafische Ausarbeitung
Städtebauliche Einordnung
Die vier Orte des Entwicklungsgebietes ZIEL sind als eigenständige Orte zu verstehen. Bereits in der Historie der Entwicklung dieser Plätze waren diese funktional sowie gestalterisch getrennte Räume, die nur wenige Bezüge zueinander aufnahmen. Durch die Erweiterungsbauten des Staatsarchivs sowie die durch den ÖPNV auch in Zukunft stark frequentierte Straße werden die räumlichen Eigenständigkeiten weiter verstärkt. Dabei ist zu betrachten wie die Räume zwar individuell gestaltet werden können, aber vor Allem wie die Übergänge und räumliche Zusammenhänge gestaltet werden müssen um ein nicht zuletzt funkional zusammenhängendes Gefügezu generieren.Die Wegeachse entlang der Myliusstraße - Arsenalstraße - Wilhelmstraße bildet ein Rückgrat der Stadt über das Plangebiet hinaus. Entlang dieser Wegeachse gliedern sich das Platzgefüge Schillerplatz - Arsenalplatz, aber auch der Marktplatz an. Durch die wegebegleitende Baumpflanzung wird diese Achse gestärkt und unterstützt die Orientierung in Richtung Innenstadt bis zum Blühenden Barock. Der Arsenalgarten sowie der Zeughausplatz und Rathausplatz liegen etwas versteckter in zweiter Reihe. Sie fungieren eher als Hinterzimmer. Durch eine klare Wegeführung werden diese Hinterzimmer fortan besser mit den repräsentativen Plätzen der Stadt verbunden. So bezieht sich beispielsweise die Wegeführung des Arsenalgartens fortan auf die Durchführungen zur Seestraße. Um diese Transiträume klarer herauszuarbeiten wurde auf dem Arsenalplatz die historische bauliche Kante wieder hergestellt. So bekommt auch das Kriegerdenkmal zwischen Staatsarchiv und Neubau eine ansprechende Fassung.
Vier Orte - Ein Ziel
Der Entwurf greift die historische Gestaltung des Arsenalplatzes, des Arsenalgartens sowie des Schillerplatzes auf, transformiert diese in Berücksichtigung aktueller Nutzerbedürfnisse und Anforderungen in moderne Stadträume. Der Schillerplatz besticht durch großzügige Pflanzschollen, welche in Ihrer Lage eine sinnhafte Gliederung des Platzes schaffen. Der Sparkasse wird ein gro.zügiger Vorplatz geboten, an dessen Rändern sich Sitzkanten für das kurze Verweilen anbieten. Die Pflanzschollen des Schillerplatzes kreieren besonders durch ihre Baumhaine ansprechende Raumkanten. Da der Schillerplatz der erste Orientierungspunkt für vom Bahnhof kommende Besucher der Stadt ist, werden die Einfassungen der Pflanzflächen mit touristischen Informationen ausgestattet. Das Schillerdenkmal wird mittig auf die östliche Platzhälfte versetzt und erhält so angemessenen Raum. Ein Wasserspiel aus bodengleichen Nebel- und Wasserdüsen, welches an heißen Sommertagen Erfrischung bietet, steigert die Attraktivität dieser neuen Stadtadresse. Der Arsenalplatz wird künftig durch ein umlaufendes,
steinernes Passepartout erschlossen, welches die historische Rahmung, bestehend aus Staatsarchiv und der (ergänzten) Baumallee aus Rosskastanien, hervorhebt. Durch den Wegfall des motorisierten Individualverkehrs entstehen in der Mitte des Platzes neue Gestaltungsmöglichkeiten. Der Entwurf macht sich dabei die gegebene Topografie zu Nutze: Im Süden des Platzes entsteht die geforderte Multifunktionsfläche. Durch ihr Gefälle in Richtung Norden entsteht hier temporär ein gro.zügiger Stauraum für anfallendes Regenwasser, das verzögert bzw. gedrosselt abgegeben wird. Durch eine Sitzkante und umlaufende Stufen, die als Tribüne für Veranstaltungen genutzt werden können, entsteht eine Abgrenzung zur nördlich anschließenden Rasenfläche. Das Gebäude des Staatsarchivs erhalt durch die offene Gestaltung angemessenen Wirkungsraum. Im Norden des Platzes schließt, bezugnehmend auf das Blühende Barock Ludwigsburgs, ein modern interpretierter Barockgarten den Platz ab. Während eine Heckenpflanzung den Garten rahmt, erfreut der Besucher sich im Inneren an dauerhaften Staudenpflanzungen und ergänzenden Wechselpflanzungen. Der Arsenalgarten wird besonders durch seinen alten Baumbestand und seine Rolle als ruhiger Rückzugsort charakterisiert. Der Entwurf respektiert diese Potentiale und schärft den grünen Charakter durch Unterpflanzung der Bäume durch Gräser sowie die Schaffung eines grünen Rahmens. Das Angebot an Aufenthalts und Spiel
wird durch zusätzliche Bänke, drei Liegepodeste aus Holz sowie einige Spielobjekte ergänzt. Einst als Gartenwirtschaft für die ehemalige Konditorei genutzt, transformiert der Entwurf unter Berücksichtigung der Nutzeransprüche die einst klassische Gartenparzellierung nunmehr in einen durch sein zurückhaltendes Wegenetz strukturierten öffentlichen Stadtgarten. Durch Erweiterungsbauten des Staatsarchivs erhält der
Zeughausplatz eine neue Fassung, sodass hier das Potential entsteht einen Freiraum ganz neu und unabhängig zu denken. Der Entwurf schlägt hier einen Wassergarten vor, der den Ort eher als Garten in neuer Atmosphäre denn als Platz sieht. Der Wassergarten ist als innovativer
Ort der Regen- und Schmutzwassernutzung bzw. –wiederaufbereitung konzipiert. Durch die eingestreuten Aufenthaltsorte im Garten und der im Osten gelegenen Terrasse wird der neue Raum unmittelbar erlebbar.
Verkehr
Der bisherige Straßenverlauf am Rande des Arsenalplatzes
und den Schillerplatz diagonal querend wird beibehalten. Der Straßenquerschnitt wird – aufgrund des Entfalls des Individualverkehrs – auf das erforderliche Minimum vom 6,5 Metern reduziert. Im Bereich des Schillerplatzes werden beidseitige Fahrradstreifen (je 1,85 cm inkl. Markierung) angeordnet, so dass sich das Straßenprofil auf 10,20 m beläuft. Im Bereich des Arsenalplatzes kommen wechselseitig angeordnete Haltespuren von 3,0 Meter hinzu. Hier wird der Radverkehr im Mischverkehr geführt. Die Verfasser empfehlen hierzu die Ausweisung einer Tempo-20-Zone zwischen Wilhelm und Mathildenstraße. Die Optimierung der Straßenquerschnitte kommt den Platzflächen bzw. der Gewerbezone des westlichen Arsenalplatzes zu Gute und stärkt somit die fußläufigen Verbindungen und die Nutzungs- und Aufenthaltsqualität. Die in der Auslobung formulierten Anforderungen in Bezug auf Stellplätze (Taxi, mobilitätseingeschränkte Personen,
E-Ladestationen, Fahrräder) werden an sinnfälligen Orten des Planungsgebietes angeordnet.
Materialität + Beleuchtung
Der Entwurf bedient sich im Grundsatz im Regelwerk der Neubauprojekte der Stadt Ludwigsburg. Grundmaterial der Platzflächen ist ein Natursteinkleinpflaster, das hier als Stadtboden auf weiten Teilen angewendet wird. Funktionsstreifen werden aus Mosaikpflaster, Parkstände aus Betonpflaster abgesetzt. Besondere Setzungen (Multifunktionsfläche, Schillerplatz) erhalten großformatige Betonplatten. Sitzkanten, Schollen, Treppen werden aus Betonfertigteilen vorgeschlagen. Die Barock-Intarsie sowie die Promenade des Arsenalplatzes erhalten wassergebundene Wegedecken. Die Fahrbahnen in den beiden Platzbereichen werden als Ortbetondecken oder halbstarre Decken vorgeschlagen. Im Ideenteil kommen Betonsteine als Bodenbelag zur Ausführung. Das Lichtkonzept sieht vor mittels einfacher schlichter Stableuchten die Orte zurückhaltend zu inszenieren. Neben der verkehrssichernden Funktion in allen Teilen des Plangebietes soll die Beleuchtung auf dem Arsenalplatz zusätzlich die Idee des historischen Rahmens unterstützen. Im Arsenalgarten, der durch seinen dichten Baumbestand im Dunkeln tendenziell beängstigend wirkt, werden die Leuchten entlang der Kreuzungswege zwischen Seestraße und Staatsarchiv gesetzt. So entsteht ein gleichmäßig ausgeleuchteter Raum, der keine dunklen Ecken generiert. Der Zeughausplatz wird entlang der Hauptwegeachsen beleuchtet.
Klimaschutz + Nachhaltigkeit + Baumbilanz
Der Entwurf verfolgt auf verschieden Ebenen die Umsetzung klimaschützender Maßnahmen. Grundsätzlich entstehen viele großflächig unversiegelte und durchgrünte Bereiche, viele davon in Form von mehrschichtigen Pflanzungen. Die Möglichkeit der direkten Regenwasserversickerung kommt dem Gut Boden und Wasser zu Gute. Zusätzliche, teils baumartige Baumpflanzungen sorgen für verschattete und kühlende Platzbereiche. Bestehende Baumpflanzungen werden dabei weitestgehend erhalten. Aufgrund der hochbaulichen Erweiterungsbauten sowie nutzungsbedingt müssen 28 Bäume gefällt werden. Demgegenüber stehen 99 Neupflanzungen. Straßenbegleitend wird der Amberbaum (Liquidamba styraciflua ‚Moraine‘) die Bestandsbäume ergänzen. Die Baumhaine auf dem Schillerplatz bestehen aus Gleditischien (Gleditsia triacanthos ‚Skyline‘). Für die neu geplanten werden begrünte Dächer sowie Fassadenbegrünungen vorgeschlagen. Der Umgang mit Regenwasser wird auf dem Arsenalplatz in Form der temporären Rückhaltung und auf dem Zeughausplatz in Form des Wassergartens, in dem das Regen- und Schmutzwasser der umliegenden Flächen und Gebäude gesammelt, aufbereitet und wiederverwendet wird, sichtbar neu gelöst. Insbesondere dieser Ort in Form der vorgeschlagenen Pflanzenkläranlagen (Referenzprojekt „Block 6“ Berlin-Kreuzberg) kann sich zu einem zukunftweisenden Baustein entwickeln.